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Wermsdorfer Wald – Unberührte Natur in der Region Leipzig

© Andreas Schmidt

Östlich von Leipzig befindet sich das 13.000 Hektar große Landschaftsschutzgebiet Wermsdorfer Forst, auch Wermsdorfer Wald genannt. Umgeben von den Städten Wermsdorf, Oschatz, Collm, Luppa und Dornreichenbach lädt das Gebiet zum Spazieren und Verweilen ein. Im Zusammenspiel mit einer Vielzahl an Seen und Teichen bildet der Wald ein beliebtes Erholungsgebiet.

Alt wie ein Baum

Die Geschichte des Waldgebietes reicht bis in das Jahr 1081 zurück, da dort der Wald in Urkunden erstmals erwähnt wurde. Im 16. Jahrhundert gewann der Wermsdorfer Wald mehr und mehr an Bedeutung, als er in den Besitz des sächsischen Kurfürsten August überging und dieser seinen Besitz mit dem Kauf der Starschedelschen Güter – heute das Schloss Mutzschen – vergrößerte. Der einst vorwiegend aus Eichen und Birken bestehende Wald sollte durch Aufforstung vergrößert werden. Die Feldherren von Starschedel ließen zudem vor rund 500 Jahren zahlreiche Teiche anlegen und Dämme aufschütten. Auch diese wurden von Kurfürst August später aufgekauft.

Im 17. Jahrhundert führten König August der Starke sowie Fürst Anton Egon von Fürstenberg die Parforcejagd ein. Die Parforcejagd ist eine Hetzjagd, bei der ein Hunderudel zu Pferd begleitet wird. 1699 war der Wermsdorfer Wald zum ersten Mal Austragungsort. Aus diesem Grund wurde das gesamte Waldgebiet auch in rechtwinklig verlaufende Alleen aufgeteilt. Der 3. November erinnert seit jeher als „Hubertustag“ an diese Jagd. Zur damaligen Zeiten wurde für diese Jagd nicht nur eigene Musik komponiert, sondern auch ein großes, kostspieliges Fest veranstaltet. Aus diesem Grunde errichtete man auch im Jahr 1721 die Hubertusburg Wermsdorf, die u.a. als Austragungsort jenes Festes diente.

1764 wurde der Wermsdorfer Wald durch Carl Ludwig von Laßberg vermessen, dem ersten sächsischen Oberlandforstmeister. Er führte auch erste Wiederaufforstungsversuche durch. Doch erst ab 1822 wurde im Auftrag von Heinrich von Cotta, Begründer der Forstakademie Tharandt, eine umfangreiche Aufforstung des Waldes vorgenommen, der somit in einen Nadelwald umgewandelt werden sollte. Auf dieses Vorhaben folgte die Verkleinerung des Wildbestandes und der Viehhütung auf dem Gebiet, sodass um 1900 der Nadelbaumbestand von anfänglichen sechs Prozent auf 90 Prozent anstieg.

1962 wurde der Wermsdorfer Wald schließlich zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Heute dient die Jagd im Waldgebiet überwiegend der Anpassung der Wildbestände. Vor allem Rotwild, Schwarzwild und Rehwild ziehen dort ihr Fährten. Oberste Priorität ist nun eine naturnahe Waldwirtschaft. Der Wald wird als Eigentum des Freistaates Sachsen von drei staatlichen Waldrevieren verwaltet: Collm, Wermsdorf und Horstsee.

Frühe Besiedlung

Das Gebiet rund um den Wermsdorfer Forst wurde schon frühzeitig von Menschen besiedelt, was vor allem historische Funde aus der Lommatzscher Pflege sowie bronzezeitliche Gräber im Wermsdorfer Wald belegen. Wermsdorf selbst ist eine deutsche Siedlung, aber viele der umliegenden Dörfer, welche auf die Endung „-itz“ oder „-titz“ enden, lassen auf einen slawischen Ursprung schließen. Wermsdorf selbst wurde 1241 erstmals urkundlich mit Burchardus Werenboldestorp erwähnt.

Sehenswertes inmitten der idyllischen Natur

Das gesamte Gebiet des Wermsdorfer Waldes ist ein Erlebnis für sich. Umgeben von meterhohen Baumkronen, können Besucher dem Trubel des Alltags entfliehen. Mit etwas Glück entdeckt man an den zahlreichen Waldteichen zwischen dichten Schilfgürteln seltene Wasservogelarten. 26 der Teiche wurden zum Zwecke der Fischzucht künstlich angelegt.

Der größte und wasserreichste See ist der Döllnitzsee mit einer Fläche von 86 Hektar. Somit zählt er zu den größten Fischteichen in ganz Sachsen. Die ursprüngliche Konstruktion des Sees stammt aus dem Jahr 1850. Jedoch musste er vom Betreiber des Tagebaus als Ersatzsee für den Elstersee genutzt werden, welcher dem Braunkohletagebau zum Opfer fiel. An den Bau des Sees erinnert eine Fischerstele des Leipziger Künstlers Bruno Kuba. Das Werk verdeutlicht die Verbindung zwischen Tradition und Fortschritt der Binnenfischerei und ist somit ein Denkmal für die über 400 Jahre alte Binnenfischertradition. Die vier dargestellten Figuren auf der Stele zeigen die Tätigkeit eines Fischers im Wandel der Zeit.

Der bekannteste See ist der nur unweit gelegene Horstsee mit einer Größe von 70 Hektar. Sein Name stammt von der Insel, die sich inmitten des Sees befindet und in historischen Urkunden als „die Horst“ bezeichnet wird.

Im westlichen Teil des Waldes befindet sich das Kulturlandschaftsmuseum rund um das Gebiet des „Kirchenteichs“, den „Drei-Teichen“ und dem „Doktorteich“. In der Ausgrabungsstätte „Wüstes Dorf Nennewitz“ wurden bis 1993 Ausgrabungen vorgenommen, die Relikte aus 3.000 Jahren Geschichte menschlicher Besiedlung des Gebietes hervorbrachten. Heute lockt die Ausgrabungsstätte als Freiluftmuseum zahlreiche Interessierte an. Neben dem bronzezeitlichen Gräberfeld, der Ruine einer mittelalterlichen Turmhügelburg und dem Grundriss einer Kirche mit Friedhof können Besucher auch eine einstige Pech- und Grubensiederei betrachten. Aufwendig gestaltete Schautafeln informieren die Besucher über die historischen Zeitzeugen.

Ein weiteres beliebtes Ausflugsziel ist der Collmberg. Mit 314 Metern ist er die höchste Erhebung der Leipziger Tieflandsbucht. An der Südwestseite des Berges befindet sich ein weiteres Naturdenkmal: Ein Steinbruch gibt erstaunliche Einblicke in die geologische Entwicklung der Region. Das Vorkommen der quarzitischen Grauwacke als Grundgestein ist der Beweis, dass die Region vor mehr als 500 Millionen Jahren entstand. Der Collmberg hatte seit jeher eine große Bedeutung für die Anwohner. So diente er im Mittelalter als Schutz vor Überfällen. Seit 1854 befindet sich auf dem Berg der Albertturm. Bereits 1629 wollte der damalige Kurfürst Johann Georg I einen Turm auf dem Berg errichten lassen – doch der Dreißigjährige Krieg durchkreuzte seinen Plan. Benannt nach König Albert von Sachsen bietet der Aussichtsturm heute einen Panoramablick über den Wermsdorfer Wald und die Dahlener Heide. Bei gutem Wetter kann man sogar das Völkerschlachtdenkmal sowie das Cityhochhaus in Leipzig erkennen. Zudem wurde zwischen 1927 und 1932 ein Neubau des geophysikalischen Observatoriums der Universität Leipzig auf dem Collmberg errichtet, das 1935 durch eine seismographische Station erweitert wurde. Ermöglicht wurde der Bau durch die finanzielle Unterstützung der Rockefeller-Stiftung.

Gastfreundlichkeit auf dem Land

Wer sich stären möchte, findet in Wermsdorf zahlreiche Möglichkeiten zur Einkehr. So lädt das Hotel Seehof Döllnitzsee an das malerische Ufer des gleichnamigen Sees ein. Im alpenländischen Flair können Gäste die schmackhaften Spezialitäten des Hauses probieren und genießen dabei einen unvergleichbaren Blick auf das Schloss Hubertusburg, das größte Jagdschloss Europas. Wer mehrere Tage in Wermsdorf verbringen möchte, dem bietet das Hotel 20 gemütliche Komfort-Doppelzimmer im Landhausstil. Für den sportlichen Ausgleich mit Angeln und Bowling sorgt der nur 300 Meter entfernte Seegasthof am Horstsee. Neben einem umfangreichen gastronomischen Angebot können sich die Gäste auf eine Bootstour mit der hauseigenen Flotte, bestehend aus Tret- und Ruderbooten, begeben.

Für den kleinen Hunger zwischendurch gibt es ebenfalls Angebote. So lädt das Café Wach im Ortsteil Collm auf ein köstliches Stück Kuchen und Kaffee ein. Zudem bietet das Café am Schloss Wermsdorf neben Kuchen und Torten auch ausgefallene Waffel- und Eiskreationen an. Wer sich ein Stück der Region mit ins eigene Heim nehmen möchte, kann auf dem Biohof Paulsen in Luppa regionale und saisonale Obst- und Gemüsesorten sowie frische Milch- und Fleischprodukte erwerben. Zahlreiche weitere Hofläden, wie in Mahlis, verkaufen ebenfalls Produkte aus eigener Herstellung und legen besonderen Wert auf Frische. Ein Hof, der untrennbar mit Wermsdorf verbunden ist, ist die Gänsezucht Eskilden. Seit 1990 hat das Unternehmen seinen Sitz zwischen Mutzschen und Wermsdorf. Neben der Gänsezucht in bäuerlicher Freilandhaltung gibt es zudem eine Daunen-Manufaktur sowie einen Hofladen mit „Oma Grete’s Hofküche“. Hier werden hausgemachte Spezialitäten angeboten.

Einzigartige Veranstaltungen

Den Auftakt des Veranstaltungsjahres in Wermsdorf und Umgebung macht traditionell die Freiwillige Feuerwehr Malkwitz mit dem Osteranspritzen bzw. dem Maibaumaufstellen. In den Sommerferien kommen vor allem die Kinder und Jugendliche im Wermsdorfer Wald auf ihre Kosten: Die Friedrich-Gustav-Klemm-Gesellschaft für Kulturgeschichte und Freilichtmuseen e.V. bietet in fünf Ferienwochen ein Ferienlager an. Schüler aus ganz Sachsen sowie Mitglieder aus ganz Deutschland dürfen sich auf ein einzigartiges Abenteuer in der Natur freuen. Im Herbst erwartet die Besucher Wermsdorfs ein besonderes Event: Der Reitsportverein Leisnig lädt zur Traditionsschleppjagd in den Wermsdorfer Wald ein. So kann die Natur in der Kutsche, auf dem Kremser oder selbst zu Pferd genossen werden. In Begleitung einer Geiseltal Beagel Meute kann man sich so in die Zeit der Parforcejagd zu Lebzeiten August des Starken hineinversetzen.

Eine ebenso feste Tradition hat das jährliche „Horstseefischen“ am zweiten Oktoberwochenende. Das Volksfest zieht Besucher von Nah und Fern an, die den fangfrischen Fisch bei Bedarf auch mit nach Hause nehmen dürfen. Eröffnet wird das Fest von der amtierenden Sächsischen Fischkönigin. Auch am Ende eines jeden Jahres warten Veranstaltungen auf die Gäste der Region: So zum Beispiel das Drachenfest im Oktober am Mühlberg Collm oder der Wermsdorfer Gänsemarkt, der seine Besucher in gemütlicher Atmosphäre auf die Weihnachtszeit einstimmt. Neben dem Weihnachtsmarkt auf dem Dorfplatz Malkwitz, lädt die Feuerwehr Lampersdorf zum traditionellen Glühweinfest ein.

Wandern macht die Seele frei

Der Wermsdorfer Wald ist der perfekte Ausgangspunkt für ausgedehnte Wanderungen oder Spaziergänge. Das außergewöhnliche Wegenetz geht auf die Einteilung in Alleen 1740/41 zurück. Entlang der gut beschilderten Wanderwege befinden sich ausreichend Schutzhütten sowie Parkplätze. Auch geführte Touren gibt es in Wermsdorf: Gemeinsam mit Gästeführern und Georangern kann man sich auf eine interessante Tour zu den schönsten Ecken des Ortes begeben. Eine Vielzahl an Radwegen, wie der Mulde-Elbe-Radweg oder die Döllnitztal-Radroute führen rund um Wermsdorf.

Wissenswertes auf einem Blick

Die Stadt Wermsdorf ist verkehrsgünstig über die Autobahn 14 und die Bundesstraße 6 zu erreichen. Ebenso ist der Ort mit der Bahn erreichbar: Unweit des Ortsteils Malkwitz liegt der Bahnhof Dahlen an der Bahnstrecke Leipzig-Dresden.