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Faszination Orgel – die Königin der Instrumente

Weimbs Orgel in Delitzsch, zu sehen ist die Orgel in der katholischen Pfarrkirche St. Marien in Delitzsch © Felix Hoffmann© Felix Hoffmann
Weimbs Orgel in Delitzsch © Felix Hoffmann

Imposante Kirchenräume, prachtvolle Altare und kunstvolle Verzierungen machen die besondere Anziehung aus, die viele Besucher in jahrhundertealte Kirchen lockt. Doch was die Gotteshäuser vor allem mit Leben füllt, sind die imposanten Orgeln, deren einmaliger Klang in Staunen versetzt und Ehrfurcht auslöst.

Als zentrales Instrument der Kirchenmusik sind Orgeln seit Jahrhunderten bekannt und als Gesamtkunstwerk aus Architektur, Klang und Technik ein Anziehungspunkt für Musikliebhaber aus aller Welt. Doch was macht die Orgelmusik so besonders?

Dem Organisten stehen auf dem größten Musikinstrument der Welt mehr als zweihundert Register mit fast 18.000 Pfeifen zur Verfügung, die sich in ihrer Bauart und Klangfarbe unterscheiden. Durch deren Zusammenspiel lassen sich Millionen von Klangfarben erzeugen. Diese Bandbreite an Möglichkeiten verleiht der Orgel zu Recht ihren Beinamen „Königin der Instrumente“.

Orgelmusik und -baukunst in Deutschland wurden im Dezember 2017 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe erklärt. Allein in Sachsen befinden sich ca. 2.500 Orgeln, davon über 150 historische Exemplare. Tausende Musikfreunde aus dem In- und Ausland erfreuen sich jedes Jahr an der Vielfalt der Orgeln. Viele dieser Instrumente wurden in den letzten Jahrzehnten aufwendig restauriert und rekonstruiert. So konnten die Klangwelten und ein bedeutender historischer Orgelschatz erhalten bleiben.

Auch in der Region Leipzig findet sich ein einzigartiger Reichtum an bedeutenden Orgeln unterschiedlicher Baumeister. Besonders geprägt wurde die Orgellandschaft durch das Wirken von Gottfried Silbermann und seiner Schule. Anziehungspunkte für Orgelinteressierte sind vor allem Schätze wie die Richter-Orgel in der Wehrkirche Pomßen, die Silbermann-Orgeln in Rötha, die Urban Kreutzbach-Orgel in Waldheim oder die Schramm-Orgel in der Schlosskirche Wermsdorf.

Die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH veröffentlicht jährlich die Broschüre „Faszination Orgel“, die eine Übersicht über die bedeutendsten Orgeln in der Leipzig Region sowie einen Veranstaltungskalender bietet. Sie ist kostenlos in der Tourist-Information Leipzig (Katharinenstraße 8), bei den beteiligten Veranstaltungsorten und zum Download im Internet erhältlich. Die Orgelsaison wird jedes Jahr mit dem AnKlang Konzert eröffnet, das an wechselnden Orten stattfindet.

Die Geschichte der sächsischen Orgeln

Erste Nachweise sächsischer Orgelbaukunst reichen bis in die Spätgotik zurück. So ist beispielsweise für das Jahr 1384 erstmals ein Orgelbau in der Thomaskirche in Leipzig belegt. Das Zeitalter der Gotik wurde von international tätigen Orgelbauern beherrscht, was europaweit zu einem homogenen Baustil führte. Erst im 17. Jahrhundert entwickelte sich eine eigenständige sächsische Orgellandschaft. Durch die Zerstörungen während des Dreißigjährigen Krieges entstanden jedoch zahlreiche Neubauten.

Die wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit Sachsens im Zeitalter der Renaissance und des Barock brachte überregional bedeutende Orgelbauer hervor. Mit Gottfried Silbermann (1683-1753) erreichte der sächsische Orgelbau seinen Höhepunkt. Er war schon zu Lebzeiten bekannt für die hohe handwerkliche Qualität seiner Orgeln und sein anspruchsvolles künstlerisches Niveau. Silbermanns Schüler Zacharias Hildebrandt vollendete 1723 sein Werk in der Kreuzkirche in Störmthal und wurde schnell Gottfried Silbermanns größter Konkurrent. Die Orgeleinweihung in Störmthal erfolgte durch Johann Sebastian Bach persönlich, der voller Begeisterung für Hildebrandts Schaffen war. Weiterhin bedeutsam war Christoph Donat, der Stammvater einer weitverzweigten Orgelbauerfamilie. Diese fertigte in ganz Mitteldeutschland Orgeln an und verewigte sich 1705 in der Stadtkirche Brandis und 1794 in der Ev. Lutherischen St. Christophoruskirche in Böhlen.

In der Zeit der Romantik genoss der Leipziger Universitätsorgelbauer Johann Gottlob Mende (1787-1850) als wichtiger Orgelbauvertreter hohes Ansehen. Er orientierte sich stark an Gottfried Silbermanns Baukunst und hinterließ Sachsen 23 Orgelneubauten, von denen sieben erhalten sind. Sein größtes Werk in der Leipziger Universitätskirche St. Pauli wurde 1968 mit der Kirche gesprengt. Erhalten geblieben ist die Mende-Orgel von 1840/41 mit einem Flügelaltar von Stephan Hermsdorf in der Dorfkirche Podelwitz in Rackwitz.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm mit der Industrialisierung und dem zunehmenden Warenverkehr der Einfluss auswärtiger Orgelfirmen zu. Ein Großteil der Aufträge blieb jedoch in der Hand sächsischer Orgelbauer, die über mehrere Generationen die Orgellandschaft prägten. Zu ihnen gehörte die Orgelbauerfamilie Kreutzbach und das Dresdner Familienunternehmen Jehmlich, das mit weltweit über 1.100 Orgeln das umfangreichste Schaffen aller sächsischen Orgelbauer aufweist. Ein weiterer wichtiger Vertreter ist Friedrich Ladegast (1818-1905). Er baute neben mittelgroßen Orgeln in Altleisnig (1868) und der Stadtkirche zu Naunhof (1882) auch eine Orgel für die Nikolaikirche in Leipzig (1862), die zu den größten Kirchenorgeln Sachsens zählt.

In der Moderne zeichnet sich die Orgellandschaft durch zahlreiche Restaurierungen und Rekonstruktionen historischer Instrumente aus, unter anderem durch die Orgelbauerfamilie Schmeisser. So wurde das Portfolio der sächsischen Orgellandschaft durch einige überregional bedeutende Neubauten unterschiedlicher Stilrichtungen ergänzt.

Sachsens berühmte Orgelbauer und ihre Werke

Gottfried Silbermann (1683-1753) gilt als der wohl bedeutendste Orgelbauer der Barockzeit. Aufgrund seiner Wirtschaftlichkeit und schnellen Lieferzeit konnte er rund 50 Orgeln bauen. 31 Orgeln sind noch erhalten und können in der Leipzig Region erlebt werden. Dazu zählen die berühmten Silbermann-Orgeln in Rötha in der St. Georgenkirche (1721) und der St. Marienkirche (1722), von denen sich Felix Mendelssohn Bartholdy nach einem Besuch im Jahr 1840 begeistert zeigte. Im Jahr 1791 vergrößerten die Trampeli-Söhne die Silbermann-Orgel in der Kirche St. Kilian in Bad Lausick aus dem Jahr 1722.

Der dänische Orgelbauer Urban Kreutzbach (1796-1868) ließ sich 1828 in Borna nieder und machte sich besonders in Sachsen um die Orgelbaukunst verdient. In 28 Kirchen hinterließ er eigene Orgeln oder restaurierte bereits bestehende. Am bekanntesten sind die Orgeln in den Stadtkirchen in Borna und Waldheim. Die imposante Kreutzbach-Orgel in Waldheim wurde im Jahr 1843 als zweimanualige mechanische Orgel mit 34 Registern erbaut. Im Jahr 1891 erfolgte ein größerer Umbau durch Richard Kreutzbach (1839-1903). Dabei wurde ein neuer Spieltisch gebaut und die mechanischen Trakturen gegen eine pneumatische Steuerung ausgetauscht. 1928 wurde die Orgel erneut umgebaut und bekam ein elektrisches Gebläse. 1989 erfolgte eine Generalinstandsetzung. Neben dem Neubau von Orgeln führte Kreutzbach auch Restaurierungsarbeiten aus.

Auch der bedeutende Orgelbauer Friedrich Ladegast hat sich mit seinem Schaffen in Leipzig und der Region verdient gemacht. Er wurde 1818 im sächsischen Zettlitz geboren und war schon zu Lebzeiten für seine Orgelbaukünste berühmt. Allein in Sachsen baute er acht Orgeln, darunter sein größtes Werk im Jahr 1868 in der Altleisniger Kirche zu Polditz bei Leisnig. Sie hat 33 Register, drei Manuale und Pedal. 1882 fertigte er für die Stadtkirche in Naunhof eine Orgel an. Sie verfügt über eine mechanische Traktur und Schleifladen und wurde nach einer Rekonstruktion und Restaurierung durch die Orgelbauwerkstatt Wegscheider im Jahr 2011 erneut geweiht.

Weitere bedeutende Orgelbauer in der Region Leipzig sind u.a. Wilhelm Rühlmann (1842-1922: Stadtkirche St. Nikolai in Bad Düben), die Orgelbauer-Familie Schmeisser (1844-1975: Johanniskirche Berlgershain, Bergkirche Beucha in Brandis), Conrad Geißler (1825-1897: Pfarrkirche Deuben in Bennewitz, Kirche St. Marien in Eilenburg, Frauenkirche in Groitzsch), der Orgelbaubetrieb Jehmlich aus Dresden (gegründet 1808: Kirche St. Aegidien in Oschatz, Dom St. Marien in Wurzen), Herrmann Eule (1846-1929: Kirche St. Nicolai in Döbeln, Frauenkirche Grimma, Stadtkirche St. Wenceslai in Wurzen).

Tourenangebote rund um die Orgel

Auf der Internetseite www.faszination-orgel.de gibt es viele Informationen rund um die Thematik Orgel. Neben buchbaren Angeboten finden sich hier auch 35 Orgelportraits aus der gesamten Region Leipzigs sowie ein spezieller Veranstaltungskalender für Orgelkonzerte. Weiterhin können Interessierte von Leipzig aus eine geführte Bustour mit Orgelanspiel buchen. Die jährlich stattfindende Rundfahrt führt Besucher in verschiedene Kirchen. Dort haben sie die Möglichkeit, sich die Orgelschmuckstücke aus nächster Nähe anzusehen und ihrem Klang zu lauschen. In der Tour inkludiert sind eine Gästeführung, ein Orgelanspiel, Kirchenführungen und ein Mittagsimbiss. Ergänzend lässt sich ein Übernachtungspaket mit einem individuellen Stadtrundgang durch Leipzig hinzubuchen.

Musikvergnügen mit Erlebnissen in Stadt und Land verbinden

In der Region Leipzig lässt sich Musikvergnügen wunderbar mit Erlebnissen in der Natur oder Erkundungen der zahlreichen malerischen Städte verbinden. Viele Orgelstätten lassen sich durch Wander-oder Radrouten wie den Mulderadweg oder den Lutherweg Sachsen miteinander verbinden.

In der Katholischen Kirche St. Marien in Delitzsch kann man zum Beispiel die Weimbs-Orgel bestaunen, die 2013 von dem Orgelbauer Weimbs aus Hellenthal hergestellt wurde. Sehenswert sind in Delitzsch außerdem die aufwendig sanierte Innenstadt und das barocke Schloss Delitzsch.

Der überregional bekannte dänische Orgelbauer Urban Kreutzbach wirkte unter anderem in der Stadtkirche St. Nikolai in Waldheim. Wer sich das Schmuckstück aus dem Jahr 1848 ansehen möchte, kann dies mit einem Besuch der ältesten durchgängig betriebenen Haftanstalt Deutschlands verbinden und von hier aus zu Wanderungen ins idyllische Zschopautal starten. Lohnenswert ist auch ein Tagesausflug ins ca. 30 Kilometer entfernte Wermsdorf, das mit seinem barocken Schloss Hubertusburg und dem angrenzenden Wermsdorfer Wald sowohl für Kultur- als auch Naturgenießer einiges zu bieten hat. Die Schramm-Orgel kann man bei einem Orgel- und Violinenkonzert in der Schlosskapelle St. Hubertus bestaunen und gleichzeitig die beeindruckende Architektur des Residenzschlosses genießen.

Hinweise zur Nutzung

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Ihr Ansprechpartner

Andreas Schmidt

Leiter Öffentlichkeitsarbeit/PR

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Tel. +49 341 7104-310
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